gelöschter Benutzer
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von am 08.02.2006 um 19:50 Uhr:
Raser-Prozess:
Die Angeklagten Kutlu E. und Gökhan A. wollen sich kein Autorennen geliefert haben
"Empfindliche Strafen" fordert die Staatsanwaltschaft für Kutlu E. und Gökhan A.: Die Türken hätten sich am 12. August 2005 in Wiesbaden "menschenverachtend" ein Autorennen geliefert. Das sei nicht zu beweisen, meinen die Verteidiger.
Für einen Moment verliert Ka-Fai Wong die Beherrschung, zum ersten Mal an den bisher drei Verhandlungstagen. "Was sind denn sechs Monate? Mein Vater ist tot!", herrscht er empört den Türken an, der ihm schräg gegenüber auf der Anklagebank sitzt. Der Angeklagte Kutlu E. beklagt sich, ebenfalls lautstark, dass er verleumdet werde. Vor seiner Familie werde "schlecht über ihn geredet", wo es ihm "doch schlecht genug gegangen" sei nach dem, was er angerichtet habe, dass er dafür ja schon sechs Monate in U-Haft sitze.
Den Ausbruch der Gefühle ausgelöst hat Oberstaatsanwältin Gabriele Abt, die wiedergegeben hat, was ein "entsetzter" Justizbeamter ihr aus dem Knast geschildert haben soll: Dass Kutlu E. gesagt haben soll, dass er den Tod des gebürtigen Hongkong-Chinesen Wong nicht bedauere, dass die Familie dafür Geld von der Versicherung kriege. Nie habe er so etwas gesagt, ruft Kutlu E.. Richter Walter Krieger beruhigt die Aufgebrachten.
Kutlu E. rast am 12. August gegen 3 Uhr mit seinem BMW über den Kaiser-Friedrich-Ring. Zwei rote Ampeln ignoriert er. Er ist unterwegs mit seinem Kumpel Gökhan A., der sich einen Porsche Boxster für eine Probefahrt geliehen hat. An der Kreuzung Landeshaus kollidiert der BMW mit dem aus der Biebricher Allee kommenden Renault der Wongs. Ka-Fais Mutter und eine Bekannte werden schwer verletzt, Ka-Fais Vater, der Fahrer, stirbt später an den Folgen des Unfalls.
Drei Jahre und drei Monate Freiheitsstrafe fordert Oberstaatsanwältin Abt für den 21-jährigen Kutlu E., zwei Jahre und neun Monate Jugendstrafe, unter Einbeziehung einer früheren Jugendstrafe, für den 20-jährigen Gökhan A.. Mindestens fünf Jahre soll für beide die Führerscheinsperre betragen. Sie habe, so Abt, "überhaupt keinen Zweifel", dass sich die jungen Türken ein Rennen geliefert hätten. Mit Tempo 105 war Kutlu E.´s BMW gegen den Renault der Opfer gekracht, so die Analyse des Unfallsachverständigen. Auch Gökhan A., der im Porsche nicht direkt am Unfall beteiligt war, sei für das Geschehen, und damit für die fahrlässige Tötung, zur Verantwortung zu ziehen, so die Oberstaatsanwältin.
"Annahmen und Unterstellungen", kommentiert A.´s Verteidiger Thomas Scherzberg die Anklage. Ein Rennen sei nicht zu beweisen, "das wurde von der Staatsanwaltschaft in die Welt gesetzt und von den Medien aufgegriffen", kritisiert er. Es sei nicht zu widerlegen, was Gökhan A. hatte erklären lassen: Dass auch er schneller als erlaubt gefahren sei, möglicherweise auch bei Rot über die Ampel der Adolfsallee. Dass er dann aber den Renault gesehen und gebremst habe, dass er seinen Kumpel Kutlu E. noch gewarnt haben will, dieser aber nicht reagiert habe. Gökhan A. sei freizusprechen, da kein strafbares Verhalten, das ursächlich für den Unfall ist, vorliege, meint Scherzberg.
"Stimmungsmache" beklagt Verteidiger Helmut Seidl, auf dem Verfahren laste ein "immenser öffentlicher Druck". "Recht aufbauschend" hätten die Medien berichtet, dabei könne, wie er sagt, von einem "illegalen Rennen" überhaupt keine Rede sein. "Es war ein tragischer Verkehrsunfall." Nachts seien die Straßen leer, und da sei eben die Versuchung groß, dass gerast werde. Wenn dann noch das Rot einer Ampel ignoriert werde, "kann es leider zu tödlichen Folgen kommen". Der Staatsanwaltschaft wirft er eine einseitige Beweiswürdigung vor, es sei nur das Belastende gesehen worden. Zwei Jahre Freiheitsstrafe, zur Bewährung ausgesetzt, hält Anwalt Seidl für Kutlu E. für angemessen.
Fortsetzung am Mittwoch, 15. Februar, um 15 Uhr
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